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Statement des Breko zum neuen TKG


Am 24. Februar 2007 tritt in seinen wesentlichen Teilen das novellierte Telekommunikationsgesetz in Kraft. Es enthält unter anderem ausdrückliche Vorgaben für die Regulierung neuer Märkte, um Anreize für Innovationen und Investitionen zu fördern und Planungssicherheit für investierende Unternehmen zu schaffen.

Für Bundeswirtschaftsminister Michael Glos schafft das Gesetz "einen ausgewogenen Ausgleich zwischen der notwendigen Stärkung des Wettbewerbs und den Anliegen der investitionswilligen Unternehmen."

Wir haben uns bei den betroffenen Wettbewerbern der Telekom erkundigt, inwieweit das Gesetz diesem Anspruch gerecht wird. Lesen Sie hier das Statement von Rainer Lüddemann, Geschäftsführer des Bundesverband Breitbandkommunikation e.V. (BREKO):

Telekom ist Champion im Schattenboxen
Mit der vorliegenden Fassung des § 9a des Telekommunikationsgesetzes will die Telekom die Möglichkeit einer Freistellung von der Regulierung in einem Bereich, der entscheidende Weichen für künftige Strategien im Telekommunikationsmarkt stellt. Entgegen den Vorstellungen des BREKO wird nun VDSL als neuer Markt definiert, was die Möglichkeit eines Regulierungsverzichts einschließt. BREKO bewertet dies als herbe Niederlage für den DSL-Wettbewerb.

Als äußerst pikant bezeichnet BREKO die Tatsache, dass sich im Nachhinein die gesamte Auseinandersetzung zwischen Telekom und Wettbewerb als Schattenboxen herausstellt, denn die Telekom selber gesteht nun ein, dass VDSL gar nicht nötig sei um Produkte zu lancieren, die – wie etwa IPTV – als mitprägend für einen neuen Markt hingestellt wurden. Mitte Januar wurde nämlich bekannt, dass die Telekom ihre Vermarktungsstrategie für das Internet-TV-Produkt ändern und T-Home möglicherweise doch über das klassische DSL anstatt das neue Glasfasernetz (VDSL) anbieten will.

Der Ex-Monopolist hatte zuvor noch konsequent von Politik und Regulierungsbehörde einen abgesicherten Wettbewerbsvorteil für eine so genannte "bahnbrechende Innovation" verlangt und konnte sich nach derzeitiger Sachlage sogar gegen die EU-Medienkommission durchsetzen. Diesen neuen Markt haben wir nie gesehen und der aktuelle Strategiewechsel der Telekom ist ein klares Eingeständnis in diese Richtung. Es ging der Telekom immer nur darum, Internet-Fernsehen besser und schneller an den Kunden zu bringen und unter Ausschluss des Wettbewerbs möglichst viele Verbraucher auf das neue VDSL-Netz zu ziehen. Es war uns eigentlich immer klar, dass für IP-TV keine Bandbreiten bis zu 50 Megabit pro Sekunde nötig sind. Das räumt die Telekom also nun selber ein. Es sieht ganz so aus, als habe sich die Politik von der Telekom hinters Licht führen lassen.

Dennoch sieht der Verband Möglichkeiten, den geplanten Gesetzestext so auszulegen, dass der Wettbewerb seine Chance erhält. Dadurch, dass technische Einrichtungen wie Leitungen, Kabelverzweiger (KVZ) und Leerrohre nicht in die Regulierungsfreistellung einbezogen sind, bleibt der heute schon bestehende Anspruch der Wettbewerber auf Zugang zum KVZ und den Leerrohren unangetastet. Über diese grauen Schaltkästen am Straßenrand könnte es den BREKO-Firmen möglich werden, eigene breitbandige Produkte direkt in die letzte Meile zum Kunden einzuspeisen. Auch eine weitere Voraussetzung hierfür - die Verbindung zum vorgelagerten Hauptverteiler der Telekom (HVT) - sei durch die Mitbenutzung von Leerrohren gewährt.

Nur wenn das Telekommunikationsgesetz sachgerecht angewandt wird, können wir damit leben. Erforderlich sei im Tagesgeschäft eine wertfreie und strenge Überwachung durch die Bundesnetzagentur. Was die politisch offensichtlich gewollte Begünstigung der Telekom angehe, wird der Verband weiter wachsam bleiben. Es geht nicht an, dass der Bund als immer noch Dritteleigentümer des Exmonopolisten bei jedem angedrohten Arbeitsplatzabbau der Telekom die Gesetze ändert. Auch der Wettbewerb muss sich schließlich täglich den Herausforderungen eines strengen Kostenmanagements und notwendiger Produktivitätsanpassungen stellen und kann nicht auf familiäre Unterstützung bauen.