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Deutschlands digitale Wettbewerbsfähigkeit auf Anschlusssuche

17.02.2023 von
Schwierigkeit mit vielen Ursachen

Deutschlands digitale Wettbewerbsfähigkeit auf Anschlusssuche

Deutschlands digitale Wettbewerbsfähigkeit auf Anschlusssuche

adobe.stock | Svitlana

 
Für ein Land der wirtschaftlichen Bedeutung Deutschlands ist die hiesige Digitalisierung keine Lobeshymnen wert. Die Schuld dafür verteilt sich jedoch auf viele Schultern und Jahrzehnte – und geht weit über technische Verfehlungen hinaus. 
 
Wie wichtig ein hoher Digitalisierungsgrad für Deutschland als eine der leistungsfähigsten Industrie- und Exportnationen des Planeten ist, dürfte Lesern dieses Portals bestens bekannt sein. Ebenso, dass in Sachen Digitalisierung hierzulande einiges im Argen liegt – vorsichtig gesprochen. 
 
Allerdings wäre es wenigstens unpräzise, diese Schuld samt und sonders auf „die Politik“ abzuwälzen. Allein schon, weil hinter den Schwierigkeiten nicht nur Dutzende Kabinette und Minister stehen, sondern Zeiträume, die gut und gern ein halbes Jahrhundert und mehr überspannen. Um zu verstehen, wieso Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit bedroht wird, ist es nötig, ein deutlich detaillierteres Bild zu zeichnen.
 

Schlechtgeredet oder tatsächlich schlecht? Deutschlands digitales Standing

Bescheiden wäre noch geprahlt“. Mit solchen und ähnlichen Worten lässt sich umschreiben, was nicht gerade wenige Menschen, darunter namhafte Experten, Deutschlands technischem, politischem und soziokulturellem Digitalisierungsgrad attestieren.
 
Deutschland ist das digitale Schilda“ schrieb beispielsweise der wohl bekannteste Irokesenschnittträger der Republik, Sascha Lobo, im Herbst 2021 in seiner Kolumne für den Spiegel. Ähnlich polemische Aussagen gibt es auch von anderen zuhauf. 
 
Kern ist immer: Deutschland als politische und gesellschaftliche Einheit würde die Digitalisierung buchstäblich verschlafen, würde ihre Bedeutung nicht erkennen, würde sich vor allem um seine wirtschaftliche Zukunft bringen – hauptsächlich, weil die meisten anderen Länder es besser machen würden. 
 
Nun ist Polemik sicherlich eine gute Ausdrucksform, um seinem Unmut Luft zu machen. Als seriöser Gradmesser für die Bewertung eines Zustandes eignet sie sich aufgrund ihrer persönlichen Natur jedoch eher nicht. Werfen wir deshalb einen Blick auf seriösere Betrachtungen über Deutschlands politisches Standing:
 
Laut einer ifo-Studie von 2021 ist Deutschland zwar auf einem guten Weg bei digitalen Innovationen, aber rückständig bei der Umsetzung marktfähiger Geschäftsmodelle.

• Dieselbe Studie attestiert den Deutschen recht gute digitale Grundkompetenzen und eine positive Einstellung zur Digitalisierung, sieht aber Mängel bei digitalen Spitzenkompetenzen und einen zu großen Wunsch nach Datenschutz. Einer Bitkom-Umfrage von Ende 2022 zufolge haben immerhin 40 Prozent aller Berufstätigen in den zurückliegenden zwei Jahren ihre Digitalkompetenzen durch Weiterbildungen verbessert.

• Gemäß der ifo-Studie gibt es bei der digitalen Infrastruktur multiple Schwächen: Ein zu geringes Angebot an Gigabit-Netzen, das wiederum mitverantwortlich für eine geringe Nachfrage ist – zusammen mit hohen Preisen und niedrigem Digitalisierungsgrad.

• Eine Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft konstatiert, die Digitalisierung in Verwaltungen sowie im Rahmen von E-Government würde nur langsam vorankommen.
 
Sehr aufschlussreich, was den Vergleich mit anderen Nationen anbelangt, ist der jährlich erstellte Digital Economy and Society Index (DESI) der Europäischen Kommission. Er sieht Deutschlands aktuelles (2021/2022) Standing innerhalb der EU-Länder folgendermaßen:
 
• Digitale Basisfähigkeiten: 49 % der Bevölkerung (EU-Schnitt: 54 %)
• Digitales Humankapital insgesamt: Platz 16 von 27
• FTTP-Glasfaser-Abdeckung: 15 % (EU-Schnitt: 50 %)
• Konnektivität insgesamt: Platz 4 von 27 mit 67,3 Punkten (EU-Schnitt: 59,9)
• KMU mit grundlegender digitaler Intensität: 59 % (EU-Schnitt: 55 %)
• Integration von Digitaltechnik insgesamt: Platz 16 von 27 mit 35,8 Punkten (EU-Schnitt: 36,1)
• Nutzer von E-Government: 55 % (EU-Schnitt: 65 %)
• Digitale öffentliche Dienste insgesamt: Platz 18 von 27 mit 63,4 Punkten (EU-Schnitt: 67,3)
• Gesamtrang DESI 2022: Platz 13 von 27 mit 52,9 Punkten (EU-Schnitt: 52,3)
 
Auf den ersten Blick könnte man hier zum Schluss gelangen, Deutschland sei (im positiven Sinne) Mittelfeld. Keine Top-Nation, aber auch nicht das Schlusslicht, zu dem es vielfach gemacht wird.
 
Tatsächlich jedoch ist diese Sichtweise gefährlich falsch. Dazu ist es nötig, sich die Staaten anzusehen, die schlechter als die Bundesrepublik abschneiden. Keiner davon hat nur annähernd Deutschlands wirtschaftliche Bedeutung. Bis auf Belgien, Italien und Griechenland handelt es sich bei den 14 schlechter gerankten Staaten zudem ausschließlich um osteuropäische Nationen, die teilweise bis heute noch strukturelle Mängel aus Zeiten des Eisernen Vorhangs nachzuholen haben. 
 
Insofern stimmt die Aussage, wonach Deutschland für ein Land dieser wirtschaftlichen Bedeutung mangelhaft digitalisiert sei, tatsächlich. Deutschland hat das mit Abstand höchste Bruttoinlandsprodukt der EU (2021: 3,57 Billionen Euro, Nächstplatzierter Frankreich: 2,48 Billionen), liegt jedoch in digitaler Hinsicht hinter allen anderen wirtschaftlichen Leistungsträgern des Staatenbundes.
 
Die große Gefahr: Je mehr die Digitalisierung aller Lebensbereiche voranschreitet, desto nötiger wird digitale Exzellenz, um diese wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wenigstens zu halten. Damit ist Deutschlands diesbezügliche Zukunft akut gefährdet, wenn nicht schnell die wichtigsten Baustellen behoben werden.
 
Jedoch sei hierbei eine gewichtige Tatsache unterstrichen: Die derzeitige Lage resultiert definitiv nicht nur aus Fehlern, die seit dem Jahrtausendwechsel begangen wurden. 
 

Hausgemachter Nachholbedarf: Woran Deutschlands Schwierigkeiten liegen

Deutschland steht nicht allein auf der Welt. Insofern gibt es hier viele Herausforderungen, deren Ursachen jenseits der Grenzen der Bundesrepublik liegen und nicht durch diese kontrollierbar sind. 
 
Was jedoch das Thema Digitalisierung insgesamt anbelangt, so ist Deutschland sowohl seitens seiner Politik als auch der Bevölkerung tatsächlich „seines eigenen Schicksals Schmied“, um es lyrisch zu formulieren.
 

Fachkräftemangel durch Bildungspolitik

Um eine Bevölkerung zu erhalten, die in jeglicher Hinsicht digital kompetent ist, ist es nötig, diese Kompetenz bereits in jüngsten Jahren zu vermitteln, namentlich bereits in der Grundschule oder am besten sogar noch im Kindergarten. An diesem Punkt muss sich die deutsche Bildungspolitik mindestens der vergangenen 40 Jahre ein massives Versäumnis vorwerfen lassen. 
 
Über eine sehr lange Zeitspanne bis faktisch heute bestand der vielfach einzige Kontakt deutscher Schüler mit digitalen Techniken in einigen wenigen festgelegten Unterrichtseinheiten, Wahlpflichtfächern und AGs zu Themen wie Programmierung und Webdesign. Zum Vergleich: 
 
• In den USA nutzten bereits 1981 16 Prozent aller Schulen Computer für Unterrichtsprozesse. 
• 1991 waren es sogar schon 98 Prozent – und es gab im Schnitt lediglich 18 Schüler pro Computer. 
 
In deutschen Schulen hielten Computer als Unterrichtsmedien dagegen erst um den Jahrtausendwechsel Einzug – zusammen mit dem Unterrichtsfach Informatik. Das jedoch zeigte (und zeigt) sich nicht nur oft wenig praxisbezogen, sondern der Vermittlung trockener Theorie verschrieben.
 
Erschwerend kommt zudem ein tiefgreifender Mangel an interdisziplinärer Digitalnutzung hinzu. Oft gibt es für Schüler außerhalb des Fachs Informatik im Unterricht keine Berührungspunkte mit digitalen Herangehensweisen.
 
Für viele Kritiker ist das ein Problem, das sich auf wenige konkrete Eigenheiten des deutschen Schulsystems und seiner Politik herunterbrechen lässt:
 
• Eine äußerst starre, hierarchische Schulbürokratie, die zu unflexibel für ein so volatiles Thema wie Digitalisierung ist.

• Völliges Verkennen der „digitalen Zeichen der Zeit“ seitens der Entscheider.

• Das kostspielige schulische Beamtensystem, wodurch generell weniger Mittel für andere Notwendigkeiten bereitstehen – etwa Computer.

• Ein immer dramatischer werdender Lehrermangel, nicht zuletzt aufgrund der von vielen als nicht mehr zeitgemäß empfundenen, sehr hohen Zugangsvoraussetzungen.

• Rückständige Ansichten aufgrund der Bewährtheit althergebrachter Unterrichtsmethoden. 

• Wenige bis gar keine digitale Weiterbildungsmodule für die Lehrenden; zudem kein Zwang, jeden Unterricht digitaler zu gestalten.
 
„Das frühere deutsche Schulsystem hat Nobelpreisträger und andere Personen von Weltrang hervorgebracht. Also why change a running system?“ Derart lässt sich die Denkweise vieler schulpolitischer Entscheider zusammenfassen. 
 
Angesichts dessen verwundert es nicht, dass noch Ende der 2010er der typische Digitalkontakt deutscher Schüler lediglich darin bestand, Präsentationen, Video-Clips oder Office-Programme zu sehen oder zu nutzen – wodurch sich nicht zuletzt eine stetig größer werdende Kluft zur digitalen Lebensrealität dieser jungen digital Natives auftat. 
 
Zusammen ergab das einen Cocktail, dessen bitterer Geschmack sich nicht nur in Digitalisierungsstudien niederschlägt, sondern der eine ganze Schülergeneration während der Corona-Einschränkungen und Schulschließungen überkam. Diese Phase war der tatsächliche und nicht wegzuleugnende Gradmesser dafür, wie viele Versäumnisse sich über die Jahre angehäuft hatten.
 
Es mangelte an Hardware, es mangelte an wenigstens bundeslandeinheitlichen Konzepten und zu verwendenden Tools, es mangelte an Fähigkeiten der Lehrenden, digitalen Distanzunterricht betreiben zu können. 
 
Leidtragende sind diejenigen Kinder und Jugendlichen, die Anfang der 2020er zwei Unterrichtsjahre und mehr faktisch versäumten, weil es zuvor nicht gelang, adäquaten Ersatz für überkommene analoge Herangehensweisen zu nutzen. Andere Nationen mit einer digitalpositiveren Bildungspolitik schnitten diesbezüglich deutlich besser ab.
 

Fragwürdige politische Praktiken

Staatliche Kontrolle muss nicht per se schlecht sein. Im Falle Deutschlands und der Digitalisierung zeigt sich jedoch immer wieder ein besonders schlechtes „Händchen“, das optimale Lösungen verhindert.
 
Nehmen wir als Beispiel die deutsche Oberhoheit über alles, was einst als „Fernmeldewesen“ zusammengefasst wurde. Noch bis Anfang 1995 gab es hierzulande diesbezüglich eine einzige, zudem staatliche Stelle, die Deutsche Bundespost. Ihr unterstand die Postbeförderung ebenso wie die gesamte Fernmeldehoheit. Egal ob Kabelnetze, Datendienste oder sogar TV-Satelliten: All das war bis zur Privatisierung in komplett staatlicher Hand. 
 
Selbst, nachdem die Trennung erfolgte, woraus unter anderem die Telekom hervorging, wurde es nicht signifikant besser. Bis heute hat beispielsweise der Bund 13,8 Prozent Anteil an der Aktionärsstruktur der Telekom. Weitere 16,6 Prozent entfallen auf die KfW-Bank und somit eine Anstalt des öffentlichen Rechts.
 
Gerade bei einem so schnelllebigen Thema wie der Digitalisierung können staatliche Eingriffe oftmals für Hemmungen sorgen – demensprechend laut sind die Kritiker, die fordern, der Bund solle endlich sämtliche Telekom-Anteile veräußern. 
 
Doch es ist nicht nur dieses singuläre Thema. Hier muss schlicht betrachtet werden, dass derartig bremsende Staatsstrukturen bis Mitte der 1990er Bestand hatten. In vielen anderen Ländern war zu dem Zeitpunkt die gesamte Telekommunikation bereits seit teilweise Jahrzehnten privatisiert und deshalb viel innovativer. Typischerweise sind es deshalb die Staaten, die heute unter anderem in Sachen Glasfaser und Netzabdeckung ein ungleich besseres Standing haben.
 
Weiter verkompliziert wird die „deutsche Lage“ durch andere politische Praktiken. Beispiel Netzversteigerungen: 
 

„Versteigerungen von Mobilfunkfrequenzen waren in Deutschland immer besonders teuer. Die Auktionen treiben die Mobilfunkpreise für Endkundinnen und -kunden in die Höhe und bremsen den Netzausbau aus. Bei unseren Marktanalysen sehen wir regelmäßig, dass es gerade beim Handynetz hakt. Unsere letzte Funkloch-Studie hat gezeigt, dass rund 19 Prozent der bundesdeutschen Fläche immer noch nicht ausreichend mit Mobilfunk versorgt ist. Dort haben bis zu zwei Drittel der deutschen Handykunden kein Datennetz. Am stärksten betroffen sind Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Bayern.“

So sagt es Dr. Katharina Frank, Mobilfunk-Expertin beim Vergleichsspezialisten Verivox.
 
Zwar gibt es ebenso Netzfrequenzversteigerungen in anderen Nationen. Doch vor allem im Zusammenspiel mit anderen staatlichen Eingriffen und ähnlichen Praktiken wird daraus in Deutschland erneut ein brisanter Cocktail, der für die Lage ursächlich ist. Hier sollte die deutsche Politik Abschied nehmen von den ständigen Versuchen, die Digitalisierung in gewünschte Bahnen zu lenken und obendrein dadurch noch die Staatskasse aufzubessern. 
 
Wie bereits erwähnt: Staatliche Eingriffe sind nicht per se schlecht, aber bei der Digitalisierung sind sie in den allermeisten Fällen lediglich Bremsklötze.
 

Die verpasste Glasfaserführung

Wie schlecht Deutschland beim Glasfaserausbau dasteht, wurde bereits weiter oben gezeigt. Welche Summen deshalb aufgebracht werden müssen, ist bekannt – allein 2023 wird der Bund 3,1 Milliarden Euro bezuschussen müssen.
 
Das alles hätte sich verhindern lassen, wenn es an einem einzigen Punkt in der (west-) deutschen Geschichte anders gelaufen wäre. Zumindest wäre die heutige Glasfaserproblematik dann eine Herausforderung für die neuen Bundesländer geblieben; nicht Gesamtdeutschland.
 
1981 war Helmut Schmidt (SPD) Bundeskanzler und stand einer sozialliberalen Koalition vor. Am 8. April dieses Jahres wurde in einer Kabinettssitzung eine Entscheidung gefällt, die bis heute wirken würde:
 
„Sobald die technischen Voraussetzungen vorliegen, 
wird die Deutsche Bundespost aufgrund eines langfristigen 
Investitions- und Finanzierungsplanes den zügigen Aufbau 
eines integrierten Breitbandglasfasernetzes vornehmen.“
 
Einige Tage später hatte Bundespostminister Gscheidle einen 30-Jahres-Plan ausgearbeitet: Beginnend 1985 sollten jedes Jahr etwa 3,3 Prozent des damaligen Westdeutschlands Glasfaserleitungen unter Schirmherrschaft der Bundespost bekommen. Das sollte jährlich drei Milliarden D-Mark kosten – heute etwa 2,89 Milliarden Euro. 
 
Selbst, wenn damals die Wende 1989/1990 nicht abzusehen war, so hätte das Projekt wenigstens extrem wichtige Grundlagen in vielen westdeutschen Regionen gelegt. Denn Glasfaserkabel unterliegen bekanntlich nur geringen Alterungsprozessen und haben enormes
Upgrade-Potenzial. Was damals verlegt worden wäre, wäre mit anderer Anschlusstechnik noch heute problemlos nutzbar. 
 
Warum es nicht so kam, ist einmal mehr (kurzfristigen und fragwürdigen) politischen Entscheidungen anzulasten: 1982 wurde Helmut Kohl (CDU) Bundeskanzler. Er wollte lieber den Kabelfernsehausbau stärken – nach heutigen Erkenntnissen, um den von ihm als „linkslastig“ empfundenen öffentlich-rechtlichen Polit-Sendungen Konkurrenz durch Privatsender machen zu können.
 
Dementsprechend tätigte die Bundespost unter seiner Ägide ebenfalls umfassende Grabungsarbeiten. Bloß nicht zur Verlegung von Glasfaser-, sondern Kupferleitungen für das Kabel-TV-Netz – die waren nebenbei um fast 70 Prozent günstiger. Kohl mag zwar seit 1998 nicht mehr Kanzler sein, das teure Erbe dieser Entscheidung spüren wir jedoch bis heute.
 

Kein digitalpositives Wirtschaftsumfeld

So mancher deutsche Politiker fragte in den jüngsten Jahrzehnten, weshalb es kein deutsches Silicon Valley, Facebook, Google gäbe – meist im Versuch, Unzulänglichkeiten der deutschen Digitalisierung der Wirtschaft oder politischen Gegnern anzulasten.
 
Bloß: Die digitale Innovationsfähigkeit Deutschlands ist, wie es die oben zitierte ifo-Studie beweist, nicht einmal schlecht. Tatsächlich liegt es an anderen nachteiligen Besonderheiten des Wirtschaftsstandortes Deutschland; dafür kann „die Wirtschaft“ eher wenig:
 
• In Deutschland wird das Thema unternehmerisches Risiko generell sehr kritisch betrachtet. Hier gibt es schlicht nicht ein solches Umfeld, in dem es „gestattet“ wäre, sich an unkonventionell anmutenden Ideen zu versuchen. Von verschiedenen Stellen werden stets bereits im Ansatz perfekte Lösungen gefordert. Scheitern ist hier teils stark stigmatisiert. Das Gegenbeispiel sind die in digitalen Belangen so erfolgreichen USA: Dort ist der Umgang mit derartigen Risiken deutlich entspannter. Ein Gründer, der mit ein oder zwei Ideen keinen Erfolg hatte, wird dort nicht negativ betrachtet, sondern viel eher überhaupt für seine Versuche respektiert.

• Die gesamte deutsche Finanzierungspolitik ist digitalen Belangen gegenüber reserviert eingestellt. Wer hier gründen möchte, muss ein umfassendes Portfolio von Sicherheiten und wirtschaftlichem Erfolg vorlegen können, sonst hat er kaum eine Chance, Fremdmittel zu bekommen. Da viele digitale Ideen hiesigen Bankiers stark risikoreich erscheinen (was wiederum mit dem zuvor genannten Punkt zu begründen ist), haben deutsche digitale Pioniere es oftmals sehr schwer, Gründungskapital zu bekommen. 

• Deutschland ist ein Land, in dem Zeugnisse und ähnliche Bildungsnachweise einen extrem hohen Stellenwert haben. Eine Ausprägung davon ist der bekannte Meisterzwang in vielen Berufen. Zwar tangiert dieser die digitale Sphäre nur am Rande. Dennoch führt das grundsätzliche Denken zu einer Situation, in der jeder, der nicht seine berufliche Befähigung idealerweise mehrfach nachweisen kann, ein noch schwereres Standing hat. Ein Mark Zuckerberg, bekanntlich Studienabbrecher, hätte es wohl in Deutschland niemals geschafft, ein Unternehmen wie Meta aufzubauen – da er bereits beim Facebook-Ansatz aufgrund seiner mangelnden Nachweise gehemmt worden wäre.

• Deutschlands staatlicher Umgang mit Gründern ist ein vielkritisierter. Egal, ob es administrative bzw. bürokratische Belange sind oder das Thema steuerliche Behandlung: Der Bundesrepublik fehlt ein unternehmerischer Sonderweg, auf dem Gründer es deutlich leichter haben als fest etablierte Unternehmen. Diese, hier falsche, Gleichbehandlung schreckt viele Menschen ab. Wie viele gute Ideen deshalb niemals umgesetzt wurden oder wenigstens nicht hierzulande, lässt sich nicht einmal schätzen.
 
Unterm Strich mangelt es der Bundesrepublik deshalb an einem Mikrokosmos, der generell dem Thema Gründen im Allgemeinen und Gründen in digitalen Belangen gegenüber positiv eingestellt ist. 
 
Natürlich ist dies teilweise politischen Verfehlungen vieler Jahrzehnte anzulasten. Ebenso tragen jedoch von Banken und sonstigen Investoren über Kammern und Verbände bis zu anderen Unternehmen viele Parteien zu dieser Situation bei. Die deutschen Strukturen sind daher schlicht kein guter Nährboden, auf dem digitale Ideen gedeihen können. Da es sich um ein derart umfassendes strukturelles Problem handelt, ist die Lösung hier naturgemäß besonders schwierig.
 

Denken in Legislaturperioden

Jeder Politiker in einer Demokratie muss stets bestrebt sein, durch seine Arbeit Popularität bei seinen Wählern zu bekommen und beizubehalten. Er muss ferner im Rahmen von größeren (partei-) politischen Agenden agieren und wahrscheinlich gab es noch nie ein Ressort, das so viele Steuermittel zugeteilt bekam, wie es wünschte.
 
Aus diesem Dreiklang entsteht eine Situation, die in Deutschland definitiv nachteiliger wirkt als in anderen Staaten: Viele Politiker, Landes- und Bundesregierungen tendieren dazu, ihre Handlungen zu sehr auf kurzfristige Wirkung beim Wähler auszurichten.
 
Das mag einerseits verständlich sein, schließlich wollen diese Personen wiedergewählt werden. Andererseits werden dadurch jedoch viele Maßnahmen gehemmt, die mehr als eine Legislaturperiode benötigen, um fruchten zu können.
 
Das aufgezeigte Beispiel mit der Glasfaser-positiven Politik eines Helmut Schmidt versus die kurzfristigen Wünsche seines Nachfolgers Helmut Kohl visualisiert dieses Dilemma wie kein anderes. 
 
• Mit seiner Entscheidung pro Glasfaser dachte Schmidt weit über das erwartbare Maß seiner Regierungszeit hinaus. 
 
• Kohl hingegen war daran gelegen, möglichst rasch die Wähler mit Informationen zu versorgen, die sich von der seiner Ansicht nach „linken Meinungsmache“ öffentlich-rechtlicher
TV-Sender unterschieden.
 
Schmidt handelte deshalb im Interesse der deutschen Bevölkerung, Kohl hingegen vornehmlich aus parteipolitischen und wahltaktischen Gründen. 
 
Derartige Beispiele gibt es immer wieder: Lautstarke Forderungen, breitenmedial aufbereitete Ankündigungen, gut klingende Slogans – wo es für Deutschlands digitale Zukunft eigentlich deutlich besser wäre, einfach zu machen. Ja, selbst wenn sich damit kurzfristig keine Wählerstimmen generieren lassen und womöglich sogar ein künftig amtierender politischer Gegner das Lob für die dann Früchte tragenden Maßnahmen bekommt. 
 
Immerhin muss man zumindest der deutschen Bundespolitik der jüngeren Vergangenheit hierbei zugutehalten, diese Notwendigkeit wenigstens teilweise erkannt zu haben. 
 

Mehr als nur „German Angst“

Der Deutsche mit seinem überbordenden Wunsch nach Datenschutz als einer der vielen Hemmschuhe der Digitalisierung. Dabei handelt es sich, wie weiter oben nachgewiesen, längst nicht nur um ein Klischee. 
 
Tatsache ist, jede Bevölkerung in einer Demokratie trägt selbst einen erheblichen Anteil daran, ihre digitale Zukunft selbst zu bestimmen. Dies ist ein wichtiger Grund, warum es in Deutschland an so vielen Stellen hapert. 
 
Einfach gesprochen sehen viele Deutsche das Thema zu konservativ, zu „analog“. Sie wollen Digitalisierung, wollen sie aber auf eine perfekte „deutsche Art“ inklusive zahlreicher staatlicher Sicherheitsmechanismen. Sie sind vielfach oftmals schwer, neue Techniken anzunehmen.
 
Ein Beispiel von vielen ist die nur sehr zögerlicher Annahme von Mobile Payment auf deutschen Handys. Ein weiteres ist das für mache Experten geradezu irrational hohe Sicherheitsbedürfnis in digitalen Belangen.
 
Daraus ergibt sich abermals eine Melange: Aufgrund solcher Denkmuster und Handlungsweisen gelingt es der deutschen Bevölkerung nicht, Unternehmen und vor allem der Politik genügend „Druck“ zu machen, um einen insgesamt digitalpositiveren Weg einzuschlagen. 
 
Hierbei zeigt sich erneut, wie sehr wir uns in einer Transformationsphase befinden: Seitdem mit den letzten Millennials und der Generation Z digital Natives an die Wahlurne gehen dürfen, verschiebt sich vieles in eine bessere Richtung.
 

Fazit

Wohl jeder Leser dürfte noch solche Aussagen wie „5G an jeder Milchkanne“ oder „Neuland“ in den Ohren haben. Und sicherlich ist es nicht wirklich falsch, „der Politik“ den Löwenanteil der Schuld dafür zu geben, dass Europas führende Wirtschaftsnation es in Sachen Digitalisierung nicht einmal in die Top-Ten schafft. 
 
Die Wurzel vieler heutiger Probleme wurde allerdings bereits zu Zeiten gelegt, als ein heutiger Digitalminister gerade erst die Grundschule verlassen hatte. Seitdem wurden immer wieder zahlreiche falsche Entscheidungen von verschiedenen Akteuren getroffen. Deutschlands digitale Fehler sind älter als das WWW. Unter diesem Aspekt ist es beinahe schon bemerkenswert, wie schnell wenigstens die ärgsten Mängel neuerdings angegangen werden.
 
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